Zu allererst: Es ist geschafft, ich habe gefinisht. Mike Reilly begrüßte mich in Kona am Pier mit: You are an Ironman!
Aber von Anfang an: Petra und Colin hatten sich noch spontan entschieden, als Volunteers im Bereich Umkleidezelte und Wechselzone zu helfen. Somit klingelte der Wecker schon morgens um 4 Uhr, da beide um 5.30 Uhr dort sein sollten. Aber das passte gut zu meinem Zeitablauf, da ich es hasse, vor einem Event in unnötigen Stress zu geraten.
Die Beutel für das Radfahren und Laufen mussten schon am Vortag abgegeben werden, gleichzeitig mit dem Rad. Es blieb also noch ein abschließender Fahrradcheck bevor es zum Dig Me Beach gleich neben dem Pier ging. Dort starteten zuerst die Profi-Damen, gefolgt von den Damen Age Groupern. Das Starthorn für mich ertönte zum Wasserstart pünktlich um 7.25 Uhr. Die Distanz bis zu den Wendebooten nach ca. 1,9 km erschien unendlich weit weg, aber eigentlich war das ja von Anfang an klar. Das Wasser war kristallklar und die Welle war auch akzeptabel.
Erwartungsgemäß wurde ich von den nachfolgenden Gruppen teilweise ‚überschwommen‘. Auf dem Rückweg zum Pier wurde ich dann noch netterweise von einer Helferin auf einem Surfbrett in die richtige Richtung gewiesen. Unglaublicherweise war die nette Helferin unsere Schwimmtrainerin Palina Dubino. Zufälle gibt es! Mit der Schwimmzeit von 1:32 Stunden war ich super zufrieden, da diese Disziplin nicht meine stärkste ist. Ein gutes Zeichen?
Dann ging es aufs Rad, zunächst mit einer Runde durch Kailuna Kona Richtung Hawi. Die Bedingungen schienen optimal, die Temperaturen und Feuchtigkeit waren noch angenehm und eigentlich stand einer guten Radzeit nichts im Wege. Eigentlich … Scheinbar war der Flüssigkeits- und Salzverlust doch hoch, ohne dass ich es gemerkt hatte. Konsequent hatte ich zwar an jeder Verpflegungsstation Wasser genommen, um nicht zu dehydrieren, aber ich hätte doch die eine oder andere Flasche des isotonischen Getränkes nehmen sollen. Nach 140 km machte nämlich die Muskulatur an beiden Beinen komplett zu, und ich musste eine Zwangspause einlegen. Glücklicherweise bot mir ein anderer Athlet Salztabletten an, die schnell zumindest kurzfristig Wirkung zeigten, so dass ich weiterfahren konnte. Aber ab diesem Zeitpunkt war der ‚Wurm‘ drin und ich musste der Nachlässigkeit, nicht genug Salz aufgenommen zu haben, Tribut zollen.
Der Wechsel vom Rad auf die Laufstrecke wurde durch einen Kuss von Petra versüßt, aber beim Laufen, eigentlich meine Paradedisziplin, lief von Beginn an wenig rund. Petra, Colin und unsere Freunde standen zwar gleich am Anfang an der Strecke und feuerten an, aber was macht man, wenn man selber weiß, dass der Tank ziemlich leer ist. Es war abzusehen, dass es ein langer Tag werden würde. Mentale Stärke war gefragt.
Letztendlich wurde es über lange Strecken ein Pylone-Zählen – eine Distanz laufen und die nächste Distanz gehen. So streckten sich die 42 km letztendlich auf insgesamt 6 Stunden. Eigentlich eine indiskutable Zeit, aber als die Finishline mit einer super Stimmung näher kam, waren die Strapazen fast vergessen.
Finishen war das Minimalziel und das war erreicht!
Im Athletenbereich nach der Ziellinie war erste Erholung angesagt. Aber irgendwie klappte das nicht so wirklich, so dass ich doch noch ins Sanizelt gebracht wurde. Und dann war auch schnell klar, warum die Erholung nicht wie gewünscht eingesetzt hatte. Ich hatte 4,5 kg an Gewicht verloren und daher wurde mir gleich eine NaCl Lösung verabreicht, gefolgt von einer zweiten. Zwischenzeitlich hatte Colin schon das Rad und die anderen Utensilien abgeholt, wir konnten um 1 Uhr morgens die Rückfahrt zu unserem Cottage antreten. Aber auch das war verzögert, denn die Batterie unseres Leihwagens war leer, und wir mussten erst einmal mitten in der Nacht einen freundlichen Helfer mit Überbrückungskabel finden – was wundersamerweise auch geklappt hat! Hätte mich zu dem Zeitpunkt jemand gefragt, ob ich jemals wieder eine Langdistanz absolvieren würde, wäre eine eindeutig negative Aussage sicher gewesen.
Aber nach dem Rennen ist bekanntermaßen vor dem nächsten Rennen, und die Welt sah am nächsten Morgen schon wieder ganz anders aus.
Klar war, dass die Vorbereitung auf einen Ironman nicht nur aus dem physischen Training Schwimmen, Rad fahren und Laufen besteht, sondern dass die mentale Komponente und nach dieser Erfahrung auch die Wettkampfernährung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Und daran wird gearbeitet.
Kona is calling – 2027, dann in der Altersklasse 70 😉
Mahalo an alle die mir auf dem Weg geholfen haben – der Familie, den Trainern, den Freunden, den vielen Volunteers an der Strecke und auch Ironman für die Organisation dieses einmaligen Events – der Mythos Hawai’i lebt!