Kaum zu glauben, aber die Quali für Hawaii ist geschafft.

Basis dafür war das lange und intensive Training mit unseren tollen Trainern und der eigenen Disziplin beim Training mit viel Spaß und tollen Vereinskameraden.

Los ging es nach Cascais am Mittwoch vor dem Event. Vorher wurde natürlich detailliert alles gecheckt und verpackt, so dass auf der Materialebene so wenig wie möglich schief gehen konnte.

Mit Nicole Best und Marcus Beyermann als Begleitung ging es dann los nach Lissabon. Alles klappte perfekt. Wir hatten eine tolle Ferienwohnung ca. 2 km vom Start entfernt mit phantastischem Blick über die Dächer und die Bucht von Cascais bis zum Atlantik. Die wehende Riesenflagge der Ironman Veranstaltung am Schwimmstar hatten wir stets vor Augen.

Zu erst einmal wurde Cascais, das St. Tropez Portugals, erkundet. Eine tolle Stadt mit Buchten und feinen Sandstränden. Der Ironman und der IM70.3 warfen ihren Schatten schon voraus, an vielen Stellen der Stadt waren die organisatorischen Aktivitäten zu erkennen.

Das Fahrrad wurde auch gleich aufgebaut, Erleichterung! Auf dem Transport war nichts kaputt gegangen. Bei einer kleinen Tour in der Umgebung der Ferienwohnung zeigte sich, dass zumindest das Rad hervorragend auf den Wettbewerb vorbereitet war 😉. Ich selbst musste mich am Samstag beweisen.

Am Donnerstag haben wir dann ein Auto gemietet, um die Radstrecke einmal abzufahren. Landschaftlich phantastisch am Atlantik entlang und in die Berge nach Sintra, bevor es dann zurück nach Cascais ging. Ein bisschen mulmig wurde es mir bei den Steigungen und dem Wind schon, aber andererseits muss ja jeder mit den gleichen Bedingungen klarkommen und diese meistern. Den Stich Richtung Lissabon an der Tejo Mündung entlang haben wir uns gespart.

Ein Strand- und Schwimmgang in der Bucht von Cascais durfte natürlich nicht fehlen. Ab in den Neo und rein ins Wasser, das dann doch ganz schön kalt war. Die Kälte wurde dann aber durch Nicole’s aufbauende Bemerkungen zu meinem Schwimmstil kompensiert. Glauben wollte ich diese aber nicht wirklich.

 

Anschließend wurden die Startunterlagen abgeholt und die begleitende Expo besucht. Perfekt vorbereitet war allerdings kein Zukauf von Utensilien erforderlich.

Freitag war dann Check In Day: Rad, Helm und Beutel waren mit der 2227 markiert, die Verpflegung für die Rad- und Laufstrecke vorbereitet. Es konnte losgehen. Die meisten der AK 65 Athleten waren in einem Nummernblock zusammengelegt worden, so dass man das Equipment der anderen in Augenschein nehmen konnte. Keiner hatte hieran gespart. Einige lockere Gespräche untereinander wurden geführt und die Stimmung war gut.

Abends ging es dann nicht zur Pastaparty, aber zum Inder. Auf das normalerweise bevorzugte scharf gewürzte Essen wurden aber zu Gunsten eines leckeren milden Curry verzichtet, es sollte ja am nächsten Tag keine Probleme gehen.

Die Nacht war wie erwartet unruhig, eine gewisse Nervosität war erwartungsgemäß da. Aber der Wecker klingelte sowieso schon um 5 Uhr, um Stress zu vermeiden. Den braucht niemand vor dem Big Day.

Nicole setzte mich dann mit dem Auto an der Wechselzone ab und ich checkte dort noch mal alles. Entspannt ging es dann gemeinsam auf dem roten Teppich zum Schwimmstart. Dieser war 850 m entfernt. Jetzt war klar, gleich geht es los und dieselbe Strecke muss ich nach dem Schwimmen im Neo in die Wechselzone laufen.

Am Schwimmstart war schon eine großartige Stimmung: die Bässe von AC/DC wummerten und viele Athleten und Zuschauer standen dort trotz Corona dicht an dicht. Das war Emotion pur!

 

Um 7.50 Uhr ging es dann für die Top Age Grouper im Massenstart los, die anderen gingen dann mit einem Glockenschlag im 7 Sekundentakt auf die Strecke. The race was on!!!

Die 16 °C Wassertemperatur fühlten sich wegen des Adrenalinspiegels gar nicht mal so kalt an.

Die ersten Schwimmzüge waren noch recht ungelenk, aber mit der Zeit kam dann doch der gewünschte Rhythmus auf. Die Schwimmstrecke ist ein großes Rechteck um die vor Anker liegenden Jachten. Das erste Leg ging gen Osten in die aufgehende Sonne, das war einerseits schön, andererseits konnte ich die Bojen nicht sehen. Aber hier hat man ja als mittelmäßiger Schwimmer den Vorteil, einfach dem Pulk hinterherschwimmen zu können. 3,8 km sind schon lang und die Bojen zum Ausstieg wurden sehnlichst heruntergezählt.

Aber dann war es endlich nach 1 Stunde und 22 Minuten soweit, die Ausstiegsrampe erreicht, der Neo oben runtergezogen und der Anstieg zur Wechselzone laufend zurückgelegt. Laufen ist halt doch mein Ding 😉.

 

Ein erster Blick auf die Räder im Bereich AK65 zeigte, dass das Schwimmen gar nicht so schlecht gewesen sein konnte. Gut für die Psyche!

Neo aus, Radschuhe an, Helm und Brille auf, BIB Nummer um und los gings.

Die Radstrecke ist genial, am Atlantik entlang, Strände, Leuchttürme, bis zum Aufstieg ins Sintra Gebirge. Was wollte ich mehr bei diesen idealen Bedingungen. Der Anstieg über 8 km mit tollen Ausblicken auf das Meer war zwar hart, aber immer die Wattleistung im Auge kam ich relativ entspannt am höchsten Punkt der Strecke an. Die Abfahrt war eine recht schmale Straße, so dass es verboten war, auf dem Auflieger herunter zu fahren. Aber Sicherheit geht vor.

Am Ende der Abfahrt wartete dann schon mein Fan Club auf mich und feuerte mich an. Das gab dann gleich einen Energieschub.

Der weitere Verlauf bis zur Formel 1 Rennstrecke in Estoril war recht wellig und auf keinen Fall einfach. Und hier passierte es: 2228 aus der AK65 schoss an mir vorbei. Horst hatte mich eingeholt! War das erklärte Ziel der Hawaii Quali in Gefahr?

Aber in der Ruhe liegt die Kraft – nicht von der eigenen Strategie abweichen und bewusst im anvisierten Wattbereich fahren, um den abschließenden Marathon bestmöglich und schnell zu absolvieren.

Der Stich Richtung Lissabon war ebenfalls wellig und es kam noch Gegenwind dazu. Aber auch hier hilft es, sich immer wieder zu versichern, dass der Gegenwind zum Rückenwind zurück Richtung Cascais wird.

Die zweite Runde lief ebenfalls sehr gut. Zwar war die Belastung zu spüren, aber weder hatte sich meine Muskulatur mit Krämpfen noch die Gelenke gemeldet.

Trotzdem war der Abzweig zur Wechselzone nach einer Radzeit von 6 Stunden und 39 Minuten willkommen.

Laufschuhe an, Kappe auf und BIB Nummer nach vorne gedreht und ab ging es auf die Laufstrecke.

Die Beine fühlten sich super gut an, trotz der Vorbelastung. Das war schon ein großer Unterschied zu den vorherigen Langdistanzen. Auf eine hohe Schrittfrequenz achtend ging es dann Richtung Promenade entlang des Atlantiks. Und da war er: mein Fanclub!!! Nicole, Marcus und Jochen haben alles gegeben. Deren Energie hat mich so was von nach vorne gepusht. Auch die Abstände zu den anderen Startern meiner AK wurden durchgegeben. Horst hatte eine tolle Leistung auf dem Rad hingelegt, allerdings schon einige Zeit in der Wechselzone verloren. 15 Minuten hatte er Vorsprung, das sollte doch aufzuholen sein.

 

Konzentriert mit hoher Schrittfrequenz ging es dann Richtung Wendepunkt. Zwar hatte die Laufstrecke entlang des Atlantiks keine knackigen Anstiege, aber der beständige leichte Anstieg machte sich doch bemerkbar.

Zurück in Cascais vibrierte die Luft, die Stimmung war großartig! Zwar musste ich die Wende noch einmal nehmen, aber der Abzweig zum Zielkanal war da. You are an IronMan, konnte ich schon hören, aber ich war noch nicht gemeint

Und dann war da Horst! 2228! Ich hatte den Rückstand aufgeholt. Alles wird gut. Wir grüßten uns und es ging zum letzten Mal zurück zum Wendepunkt am Schwimmstart in Cascais.. Die letzte Runde ging dann in den Sonnenuntergang. Immer noch recht locker war sogar eine Unterhaltung mit einer jungen Amerikanerin drin. Motivation mit WinWin – wir haben es dann gemeinsam bis zur Finish Line geschafft. Mit der Marathon Zeit von 4 Stunden und 9 Minuten war ich mehr als zufrieden.

Nach 12 Stunden und 24 Minuten war es dann soweit!  Wolfgang – You are an Ironman!!! kam durch die Lautsprecher und ich war gemeint!

 

Emotionen, Erleichterung, Freude und mehr waren überwältigend. Erst einmal musste ich tief durchschnaufen, bevor ich dann zum Supportteam nach draußen ging. Endlich kein Gel mehr als Energielieferant, ich konnte es nicht mehr sehen.

Die Siegerehrung war für den nächsten Tag geplant. Horst und Francisco standen neben mir, aber ich ganz oben. Ein erhebendes Gefühl durch den Applaus der vielen Zuschauer noch verstärkt. Die Quali für Kona, gewünscht hatte ich sie mir und jetzt war sie da. Träume werden wahr!

 

Rückblickend kann ich nur sagen, dass es bedeutend schwerer ohne die direkte Unterstützung vor Ort, aber auch ohne die vielen Follower zu Hause gewesen wäre, ins Ziel zu kommen. Vielen Dank euch allen für das Anfeuern und Mitfiebern. Und ein spannendes Rennen habe ich euch ja hoffentlich geboten 😉!

Alle Bilder und Videos: Marcus Beyermann